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Wednesday 5 May 2010

Mai 2010_Expertenbeitrag in: das aktuelle Spanienmagazin





Beitrags-trilogie zu aktuellen spanischen Themen in Architektur und Technik.
SCHROEDER SOLUTIONS ARQUITECTURA MÁLAGA

I. Biologische Bauweise, …was dann?
II.A Solar, solar, …alles klar?, Teil A
II.B Solar, solar, …alles klar?, Teil B
III. Neue Normen, …neues (Bauherren-) Glück, oder was?

Dies soll ein Versuch sein, dem Leser mit einfachen Worten näherzubringen, welche Themen uns Architekten in Spanien momentan beschäftigen. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben; eine mögliche Meinungsäusserung entspringt dem Autor und nicht dem Verlag.
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Beitrag III: Neue Normen, …neues (Bauherren-) Glück, oder was? Código Técnico de la Edificación (CTE)- Spanische Baunormen. Versuch einer Standortbestimmung


Nach und nach wird die politische Vorgabe nach mehr Qualität in jeglicher Hinsicht von der Baubranche umgesetzt werden müssen. Warum ist es wichtig, über diese Neuerungen zu informieren? Weil die spanische Bauwirtschaft nicht mehr sein wird, was sie bisher war. Es ist eine Richtungsänderung um 180 Grad vorgenommen worden, hin zu europäischen Standards. Es wird zukünftig wesentlich mehr Wohnqualität, mehr Umweltverträglichkeit und mehr Energieeffizienz zu erwarten sein.






















Kathedrale FOTO Balkonfassade



HISTORISCHER HINTERGRUND
1937: erste spanienweite Baunormen durch “Dirección General de Arquitectura del Ministerio de Gobernación”
1957: Überarbeitung durch “Ministerio de la Vivienda”. Diktatur bis 1975.
1977: erste Ausgabe der von einer frei gewählten spanischen Regierung verabschiedeten Baunormen (gültig mit verschiedenen Überarbeitungen bis 2006)
1986: Beitritt Spaniens zur Europäischen Union (EU).
1992: in Rio de Janeiro Spanien bestätigt Agenda 21 (weltweites Umweltschutzprogramm)
1997: Spanien unterzeichnet das Kyoto- Protokoll (weltweites Klimaschutzabkommen mit Emissionshandel und Aktionsplan bis 2012). Hier wird bestätigt, dass die europäische Bauwirtschaft mit 40-50 % Anteil am Gesamtenergieverbrauch durch Materialherstellung, Erstellung, Zulieferung und Unterhalt beteiligt ist.
2000: Ley de Ordenación de la Edificación (LOE), R.D. 38/1999. Grundlegende Bestimmung von Anforderungen und Qualitäten in Hinblick auf die Sicherheit von Personen, dem Wohle der Gesellschaft und dem Umweltschutz. Dies ist der Vorläufer der CTE.
2002: wird das LOUA (andalusisches Bodengesetz) verabschiedet
Europäisches Normenwerk zur spanischen Energieeffizienz und deren Nachweise sind die EU Richtlinien 93/76/CEE, 2002/91/CE, 2006/32/CE und das grüne Buch 2007 der EU.
2006: wird der POTA (andalusischer Rahmenplan zur städtebauliche Entwicklung) eingeführt.
Die neuen, spanischen Baunormen CTE sind für Bauanträge ab Juni 2006 bzw. März 2007 gültig (R.D. 314/2006).
2007: wird obligatorisch der spanische Energiepass für neue Wohnbauten ab 50 m2 Nutzfläche und für Umbauten an bestehenden Gebäuden ab 1000 m2 Nutzfläche bei Bauanträgen ab Oktober 2007 (R.D. 47/2007).

Das IDEA (Instituto para la Diversificación y Ahorra de la Energía) hat berechnet, daβ mit dem CTE jedes Gebäude 30-40 % wenger Energiebedarf haben wird und darüberhinaus die CO2 Emissionen in Bezug auf Energieerzeugung um 40% bis 55% reduziert werden.





















FOTO bestehendes Gebäude



BESCHREIBUNG DES CTE (Código Técnico de la Edificación) spanische Baunormen
Auβer einer umweltvertraglicheren Bauwirtschaft geht es bei den neuen spanischen Baunormen um eine Förderung der Innovation und der technologischen Weiterentwicklung und Angleichung an europäische Qualitätsstandards. Neu ist die Art der Festlegungen: es wird der Rahmen und das Qualitätsziel festgelegt. Es wird nicht wie früher üblich vorgeschrieben, wie was zu machen ist. Dem Projektverfasser wird es überlassen, wie die vorgegebenen Standards erreicht werden. Diese Normen sollen somit einfach an die jeweilgen Weiterentwicklungen an Qualität und Komfort anzupassen sein. Dies hat jedoch neben der zu bewältigenden Papierflut wesentliche haftungsrechtliche Konsequenzen für den Architekten. Die Werthaltigkeit muss teilweise im fertiggestellten Zustand nachgewiesen werden.

Mit den neuen spanischen Baunormen CTE werden die Anforderungen und Qualitäten in Hinblick auf die Personensicherheit, dem Allgemeinwohl und dem Umweltschutz als Weiterentwicklung des LOE nun im Einzelnen definiert.

Wichtigste generelle Neuerungen sind dabei:
Umfassende Definition der neuen Anforderungen und Qualitäten.
Progressive Anpassung der spanischen Normen an die europäischen Qualitätsstandards
Definition und Regelung der Verantwortlichkeitsbereiche der am Bau Beteiligten. Regelung der Garantieansprüche.
Förderung der Innovation und der technologischen Weiterentwicklung
Es soll ein Regelwerk auf dem jeweils neuesten Stand der Technik sein und regelmässig aktualisiert werden
Das Normenwerk wurde und wird bearbeitet nicht nur vom Bauministerium, sondern auch von Experten verschiedener wissenschaftlicher Einrichtungen, Ingenieurskammern und der Industrie
Erste Impulse sind gelegt für eine nachhaltigere, umweltschonendere Ausrichtung der Bauwirtschaft.




Im Einzelnen werden Neuerungen in sechs technisch relevanten Bereichen unterschieden:

1. STATIK UND STANDSICHERHEIT
Komplettierung der bisherigen Normen
Einbeziehung von Holzbau und neuer Materialien in das Normenwerk
Konkretisierung der Anforderungen der 10 Jahres Versicherung für strukturelle Schäden
Wichtiger Schritt zur europaweiten Harmonisierung


2. BRANDSCHUTZ
Wichtiger Schritt zur europaweiten Harmonisierung
Konkretisierung der Anforderungen und Nachweisführung vom Brandverhalten innerhalb und ausserhalb des Gebäudes, der Fluchtwegführung, Rauchmelderinstallation, automatischer Löschsysteme, Feuerwehraufstellflächen und Feuerwiderstand der Gebäudestruktur
Einführung der europäischen Nomenklatur der Brandschutzklassen
Bewertung öffentlicher Gebäude im Brandfalle
Bewertung des Brandverhaltens von aussenliegenden Fassaden
Mindestbreite in Fluchttreppenhäusern
Anforderung an Dreh- und Schiebetüren in Fluchtwegbereichen
Rettung behinderter Personen (Aktualisierung s. R.D. 173/2010)
Anforderungen an Notaufzüge (Aktualisierung s. R.D. 173/2010)
Definition von Schutzzonen (Aktualisierung s. R.D. 173/2010)


3. NUTZUNGSSICHERHEIT, BARRIEREFREIHEIT
Anforderungen zur Vermeidung von Unfällen in Gebäuden (bisher hat man hier sehr auf das Genio und Gutdünken des Architekten vertraut). Wie Rutschsicherheit und Unregelmässigkeiten von Bodenbelägen, Niveauunterschiede, Absturzsicherungen, Treppen- und Rampengestaltung, Schwimmbäder, Beleuchtung
Barrierefreiheit (Aktualisierung s. R.D. 173/2010)
Wichtig bei Entschädigungsfällen von Unfallopfern


4. HYGIENE UND GESUNDHEIT
Die bisherigen Anforderungen in Bezug auf Sanitärhygiene und -installationen, Frischwasserversorgung, Umweltschutz, Feuchteschutz, Lüftung und Hausmüll waren unvollständig oder veraltet
Es werden Anforderungen und Unterhaltsmassnahmen formuliert an Abdichtungen von Dächern, Fassaden und Wänden. Groβen wirtschaftlichen Schaden für die Gesellschaft bedingt der Feuchteeintag in Gebäuden.
Anforderungen an Abfall- und Abwasserentsorgung. Groβe Wichtigkeit hat die mangelhafte oder fehlende Nachhaltigkeit (Schonung der Ressourcen) der spanischen Gesellschaft. Unter mehreren Aspekten in diesem Zusammenhang fällt besonders das mangelhafte oder fehlende Recycling (Wiedereinführiung in den Stoffkreislauf) der erzeugten Abfälle und Abwässer auf. (Anmerkung: dies ist keine Formulierung des Autors; sondern der Väter der neuen spanischen Baunormen !!!)
Anforderungen an Lüftungs- und Luftqualität bei Gebäuden und Garagen, berücksichtigend Energieeinsparungen und Schallschutz
Warmwasserbereitung teilweise mit Solarenergie


5. SCHALLSCHUTZ
Es wird anerkannt, daβ übermäβige und dauerhafte Lärmbelästigung verschiedene Krankheitsbilder hervorrufen kann; wie z.B. Schlaflosigkeit, Herzrythmusstörungen, Nervosität, Abnahme der Leistungsfähigkeit, Verhaltensveränderungen, etc.. In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen der Gesellschaft an den akustischen Komfort erhöht.
Die vorherige Norm war veraltet und nicht auf europäischem Stand.
Die bisherige Praxis in der Bauwirtschaft war auβerordentlich schlecht. Diese neue Norm bedeutet einen dramatischen Wandel im Umgang mit Lärm und bringt Spanien vom Mittelalter direkt in die Neuzeit. Die neuen Anforderungen bedeuten nicht nur eine Anpassung der Schallschutzwerte an europäisches Niveau, sondern legen dem Planer erstmals eine konkrete und umfassende Betrachtung der einzelnen Bauteile an die Hand.
Eine Auswahl an Neuerungen:
Schalldämmwerte der verschiedendsten baulichen Situationen, wie z.B.: Fassade, Fenster, Wände, Türen, Geschossdecken, Bereiche gleicher oder unterschiedlicher Nutzung
Aussenlärmgrenzwerte und Einbindung des R.D. 1513/2005 mit der obligatorischen Lärmkarte von Flughäfen (ab 50.000 Starts und Landungen / Jahr), Autobahnen (ab 6 Mio. Fahrzeugen / Jahr), Zugstrecken (ab 60.000 Zügen / Jahr) und Städten (ab 250.000 Einwohner)
Schallgrenzwerte technischer Installationen
Obligatorische Schallschutzmessungen vor Ort am fertiggestellten Objekt

Der Architekt: "Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: wenn man es nicht selbst erlebt hat, fällt es schwer zu glauben. Ein deutscher Geschosswohnungsbau erstellt vor 30 Jahren hat immer noch einen wesentlich besseren Schallschutz als ein spanischer, erstellt vor 2 Jahren. Auffällig ist, daβ dieser neu erstellte spanische Geschosswohnungsbau wiederum gleich schlecht ist, wie ein vor 30 Jahren erstellter spanischer."


6. ENERGIEEINSPARUNG
Die Bauwirtschaft ist durch Materialherstellung, Lieferung, Gebäudeerstellung und Betreibung mit ca. 40-50 % Anteil am Energiekonsum beteiligt. Daher die grosse Zahl an neuen Normen im Bausektor, um den Energieverbrauch bei der Erstellung als auch bei der Unterhaltung zu drosseln (EU Richtlinie 2002/91/CE und 93/79/CEE).
Um eine Einsparung der CO2 Emissionen zu erreichen, zielt die neue Norm auf eine Verbesserung der Energie-Effizienz, Reduzierung des Energiekonsums und Nutzung erneuerbarer Energien bei neuen und bestehenden Gebäuden. Sie stellt einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Die vorherige, mittelalterliche Baunorm wird komplett ersetzt.
Der Energiebedarf eines Gebäudes hängt ab vom Verhältnis Hülle zu Volumen, Ausrichtung zur Sonne, Verschattung, klimatischer Situation, Wärmedämmung, passiver und aktiver Strategien zur Klimatisierung. Diese Parameter werden bei der obligatorischen, energetischen Einstufung in Energieklassen (Energiepass) im Zuge dieser neuen Norm berücksichtigt.
Eine Auswahl der neuen Anforderungen sind:
· Begrenzung des Feuchteanfalls im Inneren der Gebäude
· Reduzierung des aktuellen Energiebedarfs im spanienweiten Mittel um 25% (nach einer Studie im Rahmen des CTE liegt das Energie-Einsparpotential im spanienweiten Mittel im Geschosswohnungsbau bei ca. 21 % und im Einfamilienhausbau bei ca. 37%)
· Steigerung der Energie-Effizienz der technischen Anlagen
· Einsparung von Energie bei der Beleuchtung
· teilweise Warmwasserbereitung mit thermischer Solarenergie
· in bestimmten Fällen teilweise Stromerzeugung mit Fotovoltaik
· Ausführungskontrolle, Abnahme und regelmässige Inspektionen sind vorgesehen








FOTOS Umbau Rincón



Der Architekt: “Resümierend kann man sagen, es handelt sich um ein längst überfälliges und ein im Sinne des Verbrauchers, der Gesellschaft und der Umwelt sehr positives, nachhaltiges Werk. Eine längst notwendige und umfassende Garagenverordnung mit Masslichkeiten und Anforderungen für Tiefgaragen sucht man jedoch vergeblich. Die Anforderungen an die Bauwirtschaft sind enorm, aber im Sinne eines qualitätsvollen Werkes zu begrüβen. Obwohl mich persönlich dieser Wertegewinn für die Branche freut, kann man nur hoffen, daβ für den Verbraucher der Faktor Preis/Leistung sich in realistischen Ebenen einpendeln wird.
Unsere Kunden werden jedoch keinen Unterschied (ausser der Energie-Effizienz Analyse, dem Gebäude-Energiepass und der Papierflut) zu den Zeiten vor den neuen Normen feststellen. Die neuen Anforderungen an Qualität stellen für uns kein Problem auch nicht in der Baubegleitung und Qualitätssicherung vor Ort dar, da wir diese immer schon für unsere Kunden vorgesehen haben.
Die Richtung der Entwicklung ist also klar: es muss Energie gespart und gleichzeitig auf alternativem Wege Energie erzeugt werden. Es liegt an der Ausarbeitung zwischen Ihnen und Ihrem Architekten, die für Sie geeignete Strategie zu finden. Jedes Bauvorhaben ist daher ein Einzelstück.
Grosse Wichtigkeit hat die Renovierung des Baubestandes. Auch bei Umbauten bestehender Anlagen kann im Sinne einer Wertsteigerung neben dem Aspekt der Energie-Effizienz-Optimierung, eine zusätzliche alternative Energiegewinnung, sowie eine Verschönerung und Vergrösserung einhergehen. Wir haben uns daher spezialisiert auf energetische Gebäudesanierung und führen beim Hausumbau zielgerichtet durch design- und Qualitätsoptimierung zur Wertsteigerung.”














FOTOS Umbau Marbella

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